Die Zahl der Mergers & Acquisitions (M&A) verharrt weltweit auf hohem Niveau. Beinahe 50.000 wurden laut Statista weltweit für das Jahr 2022 gemessen. Das gilt auch für sogenannte Carve-outs. Hier wird ein Unternehmensbereich als rechtlich selbständige Einheit ausgegliedert und verkauft – etwa weil sich der Mutterkonzern stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren will oder Kapital für Investitionen benötigt. Prominentes Beispiel ist die ehemalige Halbleitersparte von Siemens, heute Infineon.
Bei einem Carve-out wird der betreffende Bereich im wörtlichen Sinn aus dem Mutterkonzern „herausgeschnitten“, mit allem, was dazu gehört – Daten, Finanzen, Prozesse und HR, also die Personaladministration. Entsprechend groß ist der organisatorische Aufwand eines Carve-out. Und da jeder Carve-out-Prozess meist unter Zeitdruck abgewickelt wird, geht dabei oft ein wichtiger Aspekt unter: die Frage, wie die HR-Prozesse und -Systeme in der neuen Gesellschaft gesteuert werden und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, damit sie ab „Tag 1“ aktualisiert und voll funktionsfähig zur Verfügung stehen.
Payroll-Prozesse sind oft hochkomplexÂ
Das schwierige Thema des Payroll-Outsourcings zu vernachlässigen, kann fatale Folgen haben. Denn die Lohnabrechnung ist ein „Hygienefaktor“, der nur unbeachtet im Hintergrund laufen kann, solange alles reibungslos funktioniert. Da die Personalkosten in den meisten Unternehmen den größten Kostenblock ausmachen und sich nur schwer kurzfristig beeinflussen lassen, lohnt es sich zu prüfen, ob das neue Unternehmen auch nach einem Carve-out noch funktionsfähig ist und wie die Gehälter weiterbezahlt werden. Aufgrund der hohen Komplexität von HR-Prozessen und -Systemen müssen diesbezügliche Entscheidungen so früh wie möglich getroffen und vorbereitet werden. Ein Carve-out erfolgt meist durch einen großen Mutterkonzern, dessen HR-IT-Landschaft über Jahrzehnte gewachsen ist und häufig noch On-Premise-Systeme im Einsatz hat. Diese sind im Vergleich zu cloudbasierten Systemen meist durch viele Eigenentwicklungen gekennzeichnet.
Zusätzlich erhöht wird die Komplexität auch durch betriebliche Vereinbarungen, die Auswirkungen auf Payroll-Outsourcing-Prozesse haben, wie zum Beispiel mitarbeiterbezogene Leistungen. Hier muss geklärt werden, ob das ausgegliederte Carve-out-Unternehmen die Benefits des abgebenden Mutterkonzerns gewähren wird und wie sich diese IT-seitig abbilden lassen. Cloudbasierte HCM-Systeme haben hier oft einen deutlichen Vorteil gegenüber On-Premise-Lösungen. Um am Ende des Carve-out-Prozesses nicht unter Zeitdruck zu geraten, müssen für das ausgegliederte Unternehmen schon frühzeitig vergleichbare Benefits neu ausgehandelt und relevante Institutionen wie der Betriebsrat eingebunden werden.
Die Payroll wird oft schlicht vergessen
Hinzu kommen rechtliche Anforderungen, wie Besitzstandswahrung und Aufbewahrungsfristen. Diese haben einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung der beteiligten Unternehmen, wie es nach dem Carve-out weitergehen soll und ob das neue Unternehmen ein neues, eigenständiges Carve-out-HR-System aufbaut oder für einen bestimmten Zeitraum eine Kopie des Altsystems des Mutterkonzerns weiterlaufen soll. Erfolgt dies erst kurz vor Ablauf der Frist, ist es meist zu spät, eine für alle Parteien zufriedenstellende Outsourcing-Lösung zu finden.
Idealerweise betreibt der Mutterkonzern während der gesetzlichen Übergangszeit das Altsystem für die ausgegliederte Carve-out-Einheit, und gibt dieser über ein Transition Service Agreement (TSA) ausreichend Zeit, ein neues Personaladministrationssystem einzuführen. Allerdings ist ein derart geplantes, strukturiertes Vorgehen in der Carve-out-Praxis eher selten, da das Thema Payroll meist zu spät auf die Agenda kommt. Zudem steht häufig zu Beginn des Carve-out-Prozesses noch kein Käufer fest. Unabhängig von der Frage, ob es einen potenziellen strategischen oder Finanzinvestor gibt, erhöht sich der Unternehmenswert aber in jedem Fall, wenn Carve-out-HR-Fragen im Vorfeld genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Modelle für den Betrieb von HR-Systemen bei Carve-outs
In vielen Fällen bleibt daher in der Kürze der Zeit nur eine Möglichkeit – eine 1:1-Kopie des Systems des Mutterkonzerns. Alle nicht-relevanten Daten müssen dann aus der Systemkopie unter der Berücksichtigung der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten gelöscht werden. Auch Lizenzfragen sind zu klären. Vor allem aber kopiert das neue Unternehmen mit dem System auch dessen Komplexität. Wenn es sich um eine Prozess- und Systemlandschaft handelt, die der ehemalige Mutterkonzern über Jahrzehnte aufgebaut und weiterentwickelt hat, können dadurch enorme Aufwände entstehen. 
Natürlich kann die ausgegründete Firma auch ein System „auf der grünen Wiese“ installieren, alle relevanten HR- und Payroll-Prozesse neu einstellen und die Daten anschließend migrieren. Das hat den Vorteil, dass sich mit einem bereits unabhängig agierenden Unternehmen bessere Preise auf dem Markt erzielen lassen. Die Migration der Daten und Prozesse kann jedoch extrem aufwändig sein und muss unbedingt in der Planung berücksichtigt werden.
Alternativen zur Green-Field-Implementierung eines HR-Systems
Eine Alternative bieten verschiedene „Service-Wrapper auf dem Bestandssystem“ von Strada. Hier wird aus dem Mutterkonzern ein „Tortenstück“ geschnitten, das alle für das ausgegliederte Unternehmen relevanten Systeme und Einstellungen übernimmt. Möchte das neue Unternehmen zukünftig einzelne oder alle HR-Themen aus der Hand geben, kommt hier auch ein komplettes Outsourcing von Lohnabrechnung und Personaladministration in Frage. In solchen Fällen migriert Strada mit seinem Lift-Shift-Transform-Modell nicht nur die Daten aus dem Altsystem in eine neue Cloud-Umgebung, sondern übernimmt zusätzlich Mitarbeiter.
Unabhängig davon, für welche Variante die beteiligten Carve-out-Unternehmen sich letztlich entscheiden: Sie sollten die Planung so früh wie möglich in Angriff nehmen und mit Nachdruck verfolgen. Denn neben der Implementierung oder Weiterführung des Systems geht ein Carve-out auch mit strategischen Veränderungen einher. Und dieser Change-Prozess kann sich bis über mehrere Monate hinziehen. Wichtig ist auch, die Unterstützung durch externe M&A-Spezialisten in Anspruch zu nehmen. Kompetente Berater verfügen über die nötige Erfahrung und haben auch die strategischen Aspekte im Blick, um eine für beide Seiten tragfähige Lösung zu erarbeiten. Wenn die Berater früh genug im Boot sind, können sie auch schon in die Vorplanung einsteigen: Strada bietet eine Matrix der möglichen Varianten, schlägt den jeweils besten Prozess vor und stellt neben den entsprechenden HR- bzw. Payroll-Dienstleistungen auch unsere Erfahrung mit den verschiedensten HCM-Systemen auf dem Markt zur Verfügung.